Razzia im Beisl – fünfzehn ausländische Wörter festgenommen

Wann wir eindeutschen und wann die anderen ausdeutschen.

Das umgangssprachliche Beisl für ein kleines Lokal (eine „Kneipe“), in dem hauptsächlich getrunken wird, ist Bestandteil des österreichischen (zugegebenermaßen Tag- und) Nachtlebens.

Ende November hat man es da leichter und kann ab etwa 15:32 Uhr schon vom Nachtleben sprechen. Unpraktisch gleichzeitig wiederum heuer, dass Christkindlmarktpünsche und Beisln gelockdowned (= geschlossen oder gar nicht erst aufgemacht wurden). Nein, auch nicht mit Masken und Elefantenkleinkindern geöffnet.

Ich entschuldige mich an dieser Stelle bei den Leserinnen und Lesern auf Zeitreise, die ahnungslos Blogs aus der Zukunft lesen wollten und einen aus dem Jahre 2020 aufgeschlagen haben. Sie müssen uns für verrückt halten und den Pallawatsch (Herkunft: ital. balordaggine = Tölpelei, Bedeutung: Wirrwarr) bzw. das Tohuwabohu (hebräisch תהו ובהו tōhū wā-bōhū, Bedeutung: Wirrwarr) nicht verstehen.

Corona-Wirrwarr.

Zurück ins Beisl. Das Wort hat seinen Ursprung im Jiddischen bajis (vgl. auch Hebräisch bait בַּית), was einfach Haus heißt. Auch viele andere Wörter unserer Verkehrs-/Umgangssprache und Mundart stammen teils über den Umweg der Gaunersprache, dem Rotwelsch, teils direkt aus dem Jiddischen: tschechern (das Tschocherl = Beisl), meschugge, koscher, schmusen, Schlamassel und zocken. Auch Tach(e)les sprechen und mehr. (Wir alle sollten vielleicht öfter mal Tacheles sprechen.)

Aber auch italienische Begriffe haben sich nichtsahnend auf einen Teller Spaghetti zu uns gesetzt und haben – so schnell konnten sie gar nicht schauen – eine neue Bedeutung verpasst bekommen.

„Razzia!“, wird in Film und Realität warnend gerufen. Jeder weiß, was das bedeutet. Außer die Italiener. Die sagen nämlich natürlich nicht razzia, das klingt im Original zu harmlos. Sie verwenden dafür lieber ein gefährlicheres Wort. Und das nehmen sie, wie könnte es anders sein, aus dem Deutschen. Eine großangelegte Polizei-Aktion ist in Italien ein blitz.

So lautet beispielsweise eine Schlagzeile von SalernoToday:

Blitz nei locali della movida a Salerno: scattano 9 chiusure, rissa nel centro storico

= Razzia in den Bars des Nachtlebens in Salerno: 9 Schließungen, Schlägerei in der Altstadt

Ein ganz normaler Abend also. Wir können es allerdings besser!

oe24 berichtet: „oe24 (aha?) mit Polizei bei Lockdown-Razzia: Dutzende Verkehrs- und Covid-Sünder bekamen bei Kontrollen eine auf den Deckel.“

Wunderschöne Zusammensetzungen, wie ich finde! Auch brav mit Bindestrich. Auch den Deckel liken wir 👍. Lockdown- und Corona-Razzia sind meiner Meinung nach Teil der trendigsten Wörter 2020. Habt ihr noch mehr für mich?

Der Artikel geht im Anschluss noch unterhaltsam weiter:

„Ich habe vor zwei Tagen zum letzten Mal Drogen genommen“, beteuert ein Lenker mit auffallend großen Pupillen. 

Wir lassen das unkommentiert.

Vor allem, wenn es ums Essen geht, verwenden wir sehr gern italienische Wörter. Auch wenn sie zweckentfremdet wurden und ihre Einzahl ihnen abhandengekommen ist. Nach dem Motto: the more, the merrier. Oder so.

Verständlich jedenfalls: Wer möchte schon nur eine Portion Lasagne, ein kleines (sowieso zu teures) Panini, einen einzigen Paparazzi (sad, very sad!, wie Trumpf sagen würde) oder ein mickriges Graffiti? Einzeln gibt all das wenig her.

Deshalb sagen wir – anders als die Italiener – auch bei einem Stück nicht lasagna, panino oder paparazzo. Das klingt in einem deutschen Satz auch nicht schön.

Solange ich nicht mit Italienern spreche, sage ich, vor allem um nicht „obergescheit“ zu sein, auch den Mehrzahlbegriff für die Einzahl. Immerhin wurden diese Wörter eingedeutscht. Ich rufe auch nicht belämmert: „Ragazzi, wo sind unsere Pizze?“

Bei Kaffee hingegen darf mittlerweile überall der italienische Plural verwendet werden. Hier hat er sich herumgesprochen. Wir können alle sehr lässig „zwei Cappuccini“ oder „fünf Espressi“ (nach dem Abend im Online-Beisl) bestellen.

Doch Vorsicht, Falle: Die Italiener sind gerissen. Sie erkennen Unitalienischkeit trotz der Mehrzahl sofort. Und zwar dann, wenn man nach 12:19:25 Uhr (nach der ersten salzigen Mahlzeit) einen Cappuccino bestellt. Verboten!

Übernommen hat das Italienische neben dem blitz in neuer Bedeutung auch das Wort Hinterland, das wir selten verwenden, im Italienischen aber als hinterland fixer Bestandteil der Sprache ist (geografisch) .

Lustigerweise sagt in Italien niemand „picobello“ (sehr fein): „piek“ aus „piekfein“ dürfte in den Niederlanden italianisiert geworden sein und -bello kann man schließlich überall anhängen. (Wie auch Bello. Witz des Jahres.)

„Pasta asciutta“ bzw. „Bastaschuttaaa“ (wortwörtlich trockene Pasta, das hängt von der möglichen Saucenkombination ab, also die Nicht-Suppen-Pasta) wird anders verwendet. Und unsere Sauce „Bolognese“ aus Bologna ist in Italien einfach ragù.

Hunger bekommen?

Nun, bei dem Novemberwetter darf genascht werden. Ich werfe auch nicht mit Namen italienischer Süßspeisen um mich, versprochen.

Gestern ging ich bei Sonnenuntergang (also am frühen Nachmittag) durch den Schönbrunner Park, der eine aufregende unheimliche November-Stimmung inklusive gähnendem Fuchs für mich parat hielt. Bei all dem Nebel wird es leicht gruslig, vor allem, wenn man sich an keinen heißen Corona-Punsch oder Tee (mit oder ohne) klammern kann.

unheimlich ist ein Germanismus im Französischen, ohne Entsprechungen. Schön langsam sollte ich mir Sorgen um den Ruf unserer Sprache machen. Doch zum Trost: es gibt auch gemütlich im Französischen. Sehr sympathisch.

Apropos unheimlich: Auch der poltergeist und die gestalt (vgl. „the emotional gestalt of the film“) sind Germanismen des Englischen.

Bei all dem Gruseln schon ins shvitzing gekommen? Keine Sorge, ich bin schon am Ende angelangt und störe die lustigen vier möglichen Corona-Aktivitäten nicht weiter, die da wären: Arbeiten, Schlafen, Haushalt und – jetzt wird es heiß – bei etwa null Grad sinnlos Herumspazieren oder im Kreis Joggen.

Und, habt ihr mitgezählt, haben wir schon 15 ausländische Wörter festnehmen können?

Ich muss jetzt los zur Pizzeria, auf eine pizza fritta vor der Pizzeria Quartier und einen Glüh-Negroni. Es wird immer wilder.

Die hebräisch-japanische Verbindung und ein paar Italienismen bleibe ich bis nächste Woche noch schuldig. Ihr wisst ja, Pünktlichkeit und so… Scusate!

Buona serata, ragazzi! Und schöne Vorweihnachtswochen!

Schönbrunn weihnachtlich.

In Coronazeiten werden wir zu ‚middle-aged hausfraus‘

Ich erinnere mich an den März dieses Jahres, als ein Mitglied von Universitas, eine Übersetzerin und Rechtschreib-Trainerin (mit einem interessanten Blog zum Thema Rechtschreibung), ein Webinar gehalten hat.

Beim Thema Zusammenschreibung ging es um Wörter wie Coronakrise vs. Corona-Krise. Darüber gibt es im Deutschen Folgendes zu sagen:

Zusammenschreibung ist möglich und erwünscht. Und heutzutage zu selten. Durch den Einfluss der englischen Sprache bzw. der pseudo-englischen Werbesprache glauben immer mehr Menschen, man könne zusammengesetzte Wörter (meist Substantive) als Wörter nebeneinander und ganz ohne Bindestrich schreiben. Was teilweise nicht einmal in der englischen Sprache richtig wäre.

*Computer Anleitung, *TV Geräte, *Marketing Anfragen usw.

Germanistisch Interessierte oder Menschen mit ausgeprägtem Sprachbewusstsein weinen meist kurz oder sehen geschockt weg. Für uns sieht eine solche Aneinanderreihung aus wie:

Salat Schirm Kakadu Presse Konfe… (-renz hättet ihr gerne) …tti

Gut, wir sind also für Zusammenschreibung. Bei der Form gibt es manchmal aber die Notwendigkeit der Bindestriche: die bessere Lesbarkeit. Bei mehr als drei (Wort-)Teilen empfiehlt sich die Bindestrichschreibung. Außer natürlich genau hier bei ‚Bindestrichschreibung‘ – ich bin wahrlich sehr überzeugend – weil Bindestrich als ein Wort wahrgenommen wird.

Man vergleiche: Vorweihnachtszeitwichtel und Vorweihnachtszeit-Wichtel oder Konfettifaschingsfeier und Konfetti-Faschingsfeier.

Apropos(ito): Die Italienischsprachigen sagen übrigens zu Konfetti nicht Konfetti (wie auf Deutsch, Englisch, Schwedisch usw.) sondern ‚coriandoli‘. Denn ‚confetti‘ gibt es auch bei Faschingsfeiern und Hochzeiten. Sie sind aber Konfekt (aus Mandeln und Zuckerguss). Eine Verwechslung ist allerdings nicht so tragisch, bei Feiern darf beides verschenkt, in die Luft geworfen oder gegessen werden.

Zurück zur Schreibweise.

Genauso schreibt man auch bei ungebräuchlichen Wörtern Zusammensetzungen mit Bindestrich. Leider wurde Corona dieses Jahr sehr gebräuchlich, was zwar die Wortbildung produktiv, das Sozialleben eher unproduktiv machte.

Deshalb kann ich 2020 problemlos „Coronazeiten“ schreiben. Bei Coronakochen wird es schwieriger, hier empfiehlt sich „Corona-Kochen“. Oder gleich bestellen ;).

Schön und gut. Was hat es jetzt mit den ‚hausfraus‘ auf sich?, fragen sich jetzt einige entnervt. Wir kommen gleich dazu … fast gleich.

Dank meinem Blog bekomme ich von lieben Bekannten momentan Zusendungen mit Beispielen, was mich sehr, sehr freut! Und ich bitte um weitere Wörter und Sätze.

A) Das Wort ’schadenfreude‘ ist ein Germanismus im Englischen. Das wundert mich jetzt (nicht). Böse Zungen würden behaupten, sie sei typisch für Deutschsprachige. Das kann ich keineswegs bestätigen. Deutsche Fußballfans umarmen sich lange und küssen einander lachend mit Tränen in den Augen, wenn am Feld der Gegenspieler vor dem Tor danebenschließt. Sie würden nie hämische Kommentare äußern oder „Jawollllll!/Genau!/Harhar!“ herauspressen und dabei Schadenfreude empfinden.

B) Eine spannende Parallele, für jene, die sich das englische Wort für Mehl (so wie ich) nie merken: Auch das englische ‚mealy‘ heißt mehlig. Beide Wörter haben indogermanische Wurzeln, sichtbar auch im Lateinischen ‚molere’/malen. Das englische Wörterbuch steigert brav. Es zeigt an „Adjektiv“ und die Steigerungsformen ‚mealier‘ und ‚mealiest‘. Fraglich ist hier, in welchen kommunikativen Kontexten diese Steigerung auftritt. „Welcher ist der mehligste Kuchen?“ „Haben Sie noch mehligere Müller?“

C) Unter dem Mehl bzw. Getreide liegt übrigens der Hund begraben. Eine weitere Zusendung kommt aus dem Schloss Heidenreichstein. Hier wurde meiner Zusenderin bei der Burgführung erklärt, der Ausdruck „auf den Hund kommen“ rührt daher, dass zur Bewachung/zum Schutz auf den Boden der Truhen ein Hund gezeichnet wurde. War das Getreide aufgebraucht, ist man auf den Hund gekommen.

D) Sehr zum Lachen brachte mich ‚hausfraus‘ – ein lustiger Plural mit -s zum Germanismus. Er stammt aus einem Buch mit Horrorgeschichten in englischer Sprache. Aus der Geschichte Mefisto in Onyx von Harland Ellison:

„And only then, innocent of anything but decency and rare human compassion, did Henry Lake Spanning begin to understand what it must look like to middle-aged hausfraus, sneaking around dumpsters to pilfer cardboard boxes, who see what they think is a man murdering an old woman.“

Und an manchen Tagen dieser Coronazeit fühlen wir uns doch alle wie middle-aged hausfraus der Vorstädte.

Nächstes Mal geht es unter anderem um eine Vielleicht-Freundschaft zweier Wörter aus den Sprachen Japanisch und Hebräisch und das Problem der sprachlichen Vielleicht-Freund-/und/oder-Verwandtschaften. Zum Thema Englisch und Japanisch empfehle ich den Fans der Thriller und interkulturellen Geschichten die japanisch-britische Serie Pflicht/Schande, im Original: Giri/Haji. ありがとうございます。(Danke.)

… für Ihre/eure Lesezeit und bis nächste Woche!

Wir schmusen international – ein Wort auf Weltreise 🌏

Was „schmusen/schmoozen“ auf Deutsch, Jiddisch und Englisch bedeutet, woher es kommt und wann schmusen auf der Firmenfeier erlaubt ist.

„Und, habt’s ‚rumg’schmust gestern?“

Im Deutschen verwenden wir diesen Ausdruck umgangssprachlich für knutschen, liebkosen, streicheln, umarmen. Aus (hoffentlich) jüngeren Jahren kennen wir die Beschreibungen „auf der Party wild/ur herumschmusen“, was meist zwei küssende, sich umarmende Personen und zu viel Alkohol beinhaltet. Auch die Schmusedecke der Babys, Katzen (und selbstverständlich der von Linus der Peanuts) ist allen ein liebgewonnener Schmuse-Begriff geworden.

Wenn Kollegen und Kolleginnen, Chefinnen, zufällig Anwesende und Praktikanten etwas zu viel erwischt haben und die berüchtigte Firmen(weihnachts)feier (üblicherweise in Nicht-Corona-Jahren) in vollem Gange ist, kommt es – heimlich oder vor allen – auch hier zu Schmusereien. Öfter, als man glauben sollte.

Im Nachhinein meist etwas peinlich – falls man sich daran erinnern kann.

Im englischen Sprachraum ist das ganze weniger unangenehm und wird sogar geplant.

„I’ll have to schmooze to save my job.“

Es ist abends und ich sehe die Netflix-Serie „Love“ über zwei Mitdreißiger in Kalifornien, die fast nichts richtig machen und sich trotzdem über viele Umwege und skurrile Eskapaden irgendwie glücklich verlieben. Weil ich sie im Original sehe und die Untertitel einblenden lasse, schrecke ich auf, als ich diesen Satz höre und lese. Die Protagonistin Mickey ist auf dem Weg zur Firmenfeier. Sie hat ihren Chef verärgert und muss es irgendwie gut machen.

„I’ll have to schmooze to save my job.“

Ich drücke auf Pause. Besonders glücklich macht es mein germanistisches Ich, ’schmooze‘ tatsächlich mit „sch“ geschrieben zu lesen.

Auf Englisch bedeutet ‚to schmooze‘ (übrigens ebenfalls umgangssprachlich verwendet) allerdings nicht herummachen/knutschen, sondern tratschen (chat), sich anbiedern:

Talk with someone in a lively and friendly way, typically in order to impress or manipulate them.

– Was natürlich auf Firmenfeiern vollkommen normal ist. 😉

Interessanterweise sagt uns der Duden, dass es auch im Deutschen diese Bedeutung des Worts „schmusen“ gab: sich bei jemandem anbiedern, jemandem schmeicheln wie z. B. dem Chef schmusen. Ich glaube, sie in dieser Weise einmal bei meiner Großmutter gehört zu haben und daraufhin Witze gerissen zu haben, bin mir aber nicht sicher.

Gemeinsame (Sprach-)Wurzeln

Befragt man die englisch- oder deutschsprachigen Etymologien dazu, bekommt man spannende Anworten:

Deutsch:
In der Umgangssprache allgemein verbreitet. Zugrunde liegt Hebräisch „Erzählung, Kunde, Gerücht“ auf dem nun in der Bedeutung auch „Geschwätz, Schmeichelei“ beruht. Wie viele Worte ist es über Rotwelsch Schmus (Erzählung, Geschwätz) Teil der Alltagssprache geworden. Seit dem 18. Jahrhundert verwenden wir dieses Verb ’schmusen‘ als sich anbiedern, zärtlich sein.

(Amerikanisches) Englisch:
Das Wort wurde im späten 19. Jahrhundert aus dem Jiddischen ’schmuesn‘ übernommen. Mit Ursprung im Hebräischen: ‚שמועות‘ zu Deutsch: Gerüchte (was gehört wurde). Ursprünglich wurde dieses Wort in der jiddischen Bedeutung ‚chat‘ im Englischen verwendet. Die Bedeutung hat sich auch verändert, eigentlich erweitert. Heutzutage ist damit auch ’network‘ gemeint. Außerdem kam zur intransitiven Verwendung auch die transitive dazu: nun können wir ’s(c)hmooze somebody‘ oder ’schmooze with somebody‘. Geschrieben wird es mit und ohne „c“ in „sch“.

Wie wir sehen, oder in diesen Fällen vor allem hören, arbeitet die Sprache kreativ. Es müssen meist keine neuen Wörter gebildet oder gefunden worden. Vorhandene Begriffe werden in ihrem Bedeutungsspektrum erweitert. Zu „netzwerken“ (was im Deutschen so noch nicht wirklich gut klingt) war immer schon sehr wichtig. Heutzutage spricht man allerdings viel darüber, über das Sprechen.

Alles paletti?

In einem der nächsten Beiträge geht es um ‚paletti‘, das in Italien völlig unbekannt ist und dessen Ursprung auch im Hebräischen vermutet wird. Und um den „Zoff“, (derzeit eines der Lieblingswörter der Jugendlichen), der von Hebräisch (schlechtes) Ende kommt: סוף

.סוף Ende.

Nachtrag: Ein Ausflug zum Trottel, mit dem man besser nicht schmust.

Thema meines vor wenigen Tagen geführten Telefonats (in Wahrheit Sprach-WhatsApp-Nachrichten) waren Corona-Sperrstunden mit meiner sizilianischen Freundin.

In Italien (wie übrigens auch Portugal) gelten sie ab 23:00, in Österreich ab 20:00. Ich sagte zu ihr: „Ihr habt es gut! Bis elf, da ist immerhin mehr Zeit.“ Sie entgegnete: „Ja, das bringt auch nicht viel. Es ist Winter, kein Mensch auf der Straße. Mein Sohn hat sich mit seiner Verlobten ins Auto gesetzt und ist herumgefahren. Absolut unsinnig, im Kreis durch die Innenstadt, „come una trottola!“ – wie ein Kreisel. Wir beide mussten lachen. Wie ein Trottel, hätten wir dazu wortwörtlich gesagt.

Ich bin seitdem fest überzeugt (Frau Rogers würde sagen: Ich bin sicher überzeugt <3), unser Trottel kommt nicht vom ‚trotten‘ (woher das kommt, weiß niemand) sondern von ital. ‚trottola‘. Denn die Herkunft ist, so steht es geschrieben, nicht sicher geklärt. Nun wäre sie es. Gern geschehen.

Buona giornata! !יום טוב

Schönen Tag!

Und bis nächste Woche.

Schmusekatzen

Wortbildung: Einführung und aktuelle Entwicklungen

Ich werde im Sinne des mutter- und fremdsprachigen (Sprach-)Bewusstseins, dem intra- und inter- bzw. multilingualen Austausch und dem Thema Übersetzbarkeit ein wenig über die Wortbildung im Deutschen, Portugiesischen und Italienischen schreiben. Mit ein wenig Hilfe würde ich auch in Zukunft gerne das Hebräische und andere Sprachen miteinbeziehen.

Wer weiß, vielleicht lassen sich unentdeckte Wort- oder Sprachlogik-Verwandtschaften gemeinsam entdecken.

Vor einigen Jahren habe ich mich im Rahmen der Diplomarbeit ausführlich mit dem Thema der Wortbildung in den drei genannten Sprachen befasst, genauer gesagt mit Komposition, Derivation und Konversion als Wortbildungsmittel.

Ich möchte gerne einige der Gedanken dazu teilen und auch über die Bedeutung der Sprache und ihrer Struktur (in der Kultur/den Kulturräumen?) nachdenken. Wünschenswert wäre auch ein sachlicher Gedankenaustausch zur Schreibung. Wie funktioniert z. B. die Zusammenschreibung in den jeweiligen Sprachen und welche Tendenzen und Entwicklung lassen sich aufgrund von Reformen und dem Einfluss anderer Sprachen (meist Englisch) beobachten? Wie kann Inklusion sprachlich funktionieren und wie priorisiert man Verständlichkeit, Sprachrichtigkeit und gleichzeitig Offenheit und das Abkommen von patriachal geprägtem Denken, Beschreiben und Sprechen?

Eindeutige Antworten können gewiss nicht gefunden werden. Allerdings können wir vergleichen, wie die jeweiligen Sprachen z. B. auf der Ebene der Wortbildung mit dieser Herausforderung umgehen und uns inspirieren lassen. Da die Sprachen im Wandel sind, entscheiden im Endeffekt die, die sie sprechen, über ihre Entwicklung, nicht die, die laut schreien, wie sie sein müssen.

Doch zurück zur Wortbildung.

Heute möchte ich kurz auf aktuelle Entwicklungen und Gemeinsamkeiten eingehen (aus meiner Arbeit):

🦓 Gegenwartsprachliche Entwicklungen in den romanischen Sprachen zeigen sich auch in der Wortstruktur:

(…) So weisen deutsche Determinativkomposita die Struktur Determinans – Determinatum auf (wodurch das Zweitglied wortartbestimmend fungiert), italienische und portugiesische
Determinativkomposita hingegen „postdeterminieren“ und zeigen die Abfolge Determinatum – Determinans (das Erstglied bestimmt die Wortart). Aufgrund gegenwartssprachlicher Entwicklungen in allen drei Sprachen zeigen Konfixbildungen 🎏 (Konfixe sind bedeutungstragende lexikalische Einheiten, die nur gebunden vorkommen, wie bio-, ‑therm-disko-. Sie können als nicht wortfähige Einheiten allein nicht flektiert werden. [Duden. Die Grammatik. 8., überarbeitete Auflage. Berlin: Duden Verlag 2009, S. 658]) 🎏 eine hohe Produktivität auf. Hier übernehmen auch die Sprachen Portugiesisch und Italienisch die Abfolge Determinans – Determinatum und auch formal herrscht Zusammenschreibung vor.

Konfixkomposita werden prinzipiell in allen drei Sprachen sehr ähnlich realisiert, ein portugiesisches Beispiel für ein Adjektivkompositum lautet: pseudo-oriental. Die deutsche Übersetzung ist pseudorientalisch, die italienische pseudo-orientale. Alle drei Komposita zeigen hier die den beiden romanischen Sprachen untypische Form Determinans – Determinatum auf. 🦓

Dazu gibt es heutzutage viele Beispiele. Haben Sie auch welche aus Ihren Sprachen? Verhält es sich im Hebräischen genauso? Oder werden die zusammengesetzten Wörter eher ganzheitlich übersetzt?

Wie sieht es in den slawischen aus? Oder beispielsweise im Japanischen? Werden diese Strukturen übernommen?

Ich wünsche ein schönes Wochenende und melde mich nächste Woche mit einem neuen Thema zur Wortbildung 😉

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Hafen. Nizza.